Alles Yoga oder was? -1-

Alles Yoga oder was?          

- Teil 1 von 3 -

Yoga-Geschichte & Tradition

 

Gerade für Yogis, besonders, wenn man ein Grundverständnis der historischen Entwicklung des Yoga mit sich bringt, ist es verständlich, Hypopressiv-Techniken aus unserer modernen Zeit in Zusammenhang mit Yoga-Praktiken zu stellen.

 

Yoga-Posen in leicht vorgeneigtem Stand oder im aufrechten Sitz mit gesenktem Kopf zeigen schließlich ganz Hypo-typische Phänomene wie das Einwölben des Bauches nach innen oben, das Verschmälern der Taillenregion, das deutlichere Abzeichnen von Rippenbögen, Schlüsselbeinen und Halsseiten.

 

Kann man die Hypopressiv-Trainings von heute also getrost in den jahrtausende-währenden

Yoga-Topf schmeißen? 

 

Ein bisschen Differenzierung lohnt sich allemal, um auch die Gemeinsamkeiten und die Anknüpfungspunkte für beide Übungs- bzw. Therapie-Elemente zu verdeutlichen.

 

Namasté dear Yoga !

Die indische Yoga-Tradition geht in unserer Zeitrechnung weit bis v.Chr. zurück, so dass es über die yogischen

Ur-Wurzeln schon kaum mehr eine eindeutig belegbare Aussage gibt. Zwischen 5000-10.000 Jahre sollen sie zurückreichen, wobei die meisten Schriften und strukturierten Lehren aus der Zeit des prä- bis post-klassischen Yoga stammen, also ca. 2000 Jahre v.Chr.  bis 1700 n.Chr.

Die modernen Yogastile finden ihren Ursprung mit der Verbreitung aus der östlichen Tradition in die westliche Hemnisphäre etwa 1890 und ihre Entwicklung schreitet international kontinuierlich weiter voran. Dass sich die Geschichte des Yoga über einen so riesigen Zeitraum erstreckt und sich in den historischen Wandlungen ebenfalls die Konzepte, Werte und Methoden des Yoga immer wieder verändert haben, ist nachvollziehbare Konsequenz.

 

Was vielleicht den Ur-Ur-Vätern des Yoga-Prinzips noch oder eben gerade nicht wichtig war, kristallisierte sich bis in die heutige Zeit als eine der wertvollsten Botschaften auch für uns heutige Menschen heraus:

Während die ur-klassischen Yoga-Prinzipien eher auf die Überwindung des Körpers und seiner Begrenzungen abzielte, können wir seit ca. 1500 Jahren eine Neu-Orientierung in den verschiedenen Yoga-Stilen finden, die den Körper wertschätzt und seine ganzheitliche Bedeutung, also auch über das Physische hinaus ins

feinstofflich-Spirituelle, betont. 

Den Körper gesund, geschmeidig und einsatzfähig zu erhalten gilt seit dem als eine Möglichkeit, sich mit der eigenen Energie und der allumfassenden energetischen Quelle zu verbinden.

Dafür ist es vorteilhaft, auch körperliche Beschwerden oder Restriktionen zu überwinden und die körperlichen Bedingungen zu verbessern oder zu erweitern. 

 

In meinen 30 Jahren Yoga-Erfahrung, sowohl als Praktizierende als auch als Lehrende, habe ich gerade diese Wertschätzung, das Lobpreisen und Abfeiern des Körpers als einen wichtigen Grund fürs und Wohltat durchs Üben empfunden. Es macht uns ja in unserer Existenz aus, dass wir einen Körper haben, eine physische Form und zu einem Großteil dadurch unsere Erfahrungen und Tätigkeiten in unserem Leben überhaupt möglich sind.

 

Dem Körper durch die Übungen geben, was er braucht und gleichzeitig unsere immateriellen Komponenten nähren - das ist eine großartige, belebende, erfüllende Eigenschaft, die alle Yoga-Stile gemein haben.

Dabei geht es immer mehr um ein vertieftes Hineinspüren, sich selbst Erforschen, Kennenlernen, Annehmen und Weiter-Entwickeln als um die äußere Form und körperliche Pose. Wie fühle ich mich in bestimmten Haltungen, wie geht es mir nach der Yoga-Einheit, warum spezielle Yoga-flows wählen und wie erreiche ich mit einer bestimmten Yoga-Praxis meine ganzheitlich-gesunden Ziele?  Diese detailliertere Fragen an uns selbst stellen sich fast automatisch mit vertiefter Yoga-Erfahrung ein.

 

Wir können durch unser Üben auch sinnlich wahrnehmbar die tiefe Bedeutung des Begriffes YOGA > Eins-Sein präsent erleben und uns bewusst am klassischen Gruß-und Geleitwort der meisten Yoga-Kursen

NAMASTÉ > Respekt, Hochachtung orientieren:

Ich verneige mich vor der Schöpfung, vor Dem Anderen als körperlich gewordenes Bewusstsein und danke für die gemeinsame Zeit. Ich richte mich an meiner und aller authentischen Wahrhaftigkeit aus. Die Verbindung zwischen Körper und Seele wird dabei intentional verstärkt.

 

Die moderne Yoga-Wissenschaft bezeugt zunehmend die positiven Effekte für den Körper, insbesondere der Körperwahrnehmung, bei Schmerzen, Ängsten, Depressionen und posttraumatischer Belastung, sowie der Reduktion von Entzündungen und verschiedenen Symptomlagen (z.B. langfristig Augeninnendruck-Reduktion bei Glaukom-Patienten, Werte-Verbesserungen bei Bluthochdruck-Patienten oder Karpal-Tunnel-Syndrom- Betroffenen). Wir finden die Verbesserung von Flexibilität, Kraft und dem cardio-respiratorischen System belegt.

 

Die Studienlage ist wie für die allermeisten (sensitiven, nicht-invasiven) Bewegungsformen immernoch recht dünn, so dass nicht immer ganz klar gesagt werden kann, worin genau die gesundheitsförderlichen Aspekte der Yoga-Praxis liegen und welcher Yoga-Stil überhaupt in den einzelnen Forschungsarbeiten praktiziert wurde. 

Ob Positionen (asanas), Atemtechniken (pranayama), Gesten (mudras), Bewegungsabläufe (flows), dem meditativen Entspannungsteil (samyana) nun DEN entscheidenden Gesundheits-Effekt setzen oder die Bewegung allgemein, Teilnahme in einer Gruppe, der Einfluss der Lehrkraft, die Konzentration auf eigene Körpersignale, ist noch recht vage. Viele Yoga-Richtungen fügen zudem weitere Elemente aus z.B. Gesang, body-percussion, Musik / Klänge oder erhöhte Raumtemperatur hinzu. 

 

Ähnlich auch der Studienlage zu den Yoga-Elementen gibt es für die Hypopressiv-Trainings noch wenig wissenschaftliche Arbeiten und die bereits abgeschlossenen sollte man sehr genau auf ihre Aussagekraft prüfen, da es wenig bis keine oder variable Differenzierung der Hypopressiv-Lehrstile, Vakuum-Kreation, Ausgestaltung der Parameter wie Position, Dauer des Vakuums, Häufigkeit der Vor-bzw. Zwischenatmungen, Dauer des Einübens der Techniken, Erfahrung und beruflicher Hintergrund der anleitenden Personen usw. gab.

In kurz: Erst präzise Studien-Designs mit größeren Probandengruppen, Langzeit-Untersuchungen und dem Vergleich mit anderen (sensitiven) Übungs-Techniken wird mehr Gehalt in Hypopressiv-Forschungsarbeiten bringen.

 

Durch die intensive Atem- und Zwerchfellarbeit können wir bereits vermuten, dass durch die Yoga-Science-Ergebnisse ähnliche Benefits für Prävention und Rehabilitation von Hypopressiv-Technik-Studien zu erwarten sind. Mit dieser Arbeits-Hypothese starten entsprechend international immer mehr Patienten-Dokumentationen, Verlaufs-Protokolle von Teilnehmern in Training und Therapie und hochschulangebundene Studien, auch im deutschsprachigen Raum. Wir werden in den jeweiligen Veröffentlichungen sehen, ob es bedeutsam ist eine Abgrenzung zum Yoga vorzunehmen.

 

In Teil 2 von > Alles Yoga oder was?  betrachten wir etwas genauer, welche Yoga-Praktiken eigentlich die spontane Zuordnung von Hypopressiv-Techniken in diese komplexe Tradition mit Wurzeln in die indische Philosophie und Heilkunde aufkommen lassen: Verschlüsse, Energielenkung, sich selbst im Körper spüren.  

 

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0